Streuobstwiesen in Sachsen-Anhalt
Streuobstwiesen sind wertvolle Kulturbiotope, die durch Menschenhand geschaffen wurden und ohne Bewirtschaftung nicht existieren können. Sie bieten insbesondere im höheren Lebensalter der Hochstammobstbäume vielen Tier- und Pflanzenarten einen wichtigen Lebensraum.
Aufgrund ihres Artenreichtums sind sie von besonderer naturschutzfachlicher Bedeutung, müssen jedoch richtig gepflegt und bewirtschaftet werden, damit sie erhalten bleiben.
- Was ist eine Streuobstwiese?
- Streuobstwiesen im Naturschutzgesetz
- Welche Fördermöglichkeiten gibt es für Streuobstwiesen?
- Neuanlage von Streuobstwiesen
- Instandsetzung und Wiederherstellung
- Agrarstrukturförderprogramm: Investitionshilfen für Technik
- Vermarktung von Streuobstprodukten
- Umweltbildung: Streuobstpädagogik
- Alle Maßnahmen- und Vorhabensansätze
- Literatur zu Streuobstwiesen
Was ist eine Streuobstwiese?
Streuobstwiesen sind kulturhistorisch entstandene Biotope, die ohne eine wirtschaftliche Nutzung nicht existieren können. Noch vor über einem Jahrhundert dienten sie den Bauern auf mehrfache Art und Weise: Auf den Hochstammobstbäumen wurde das für die Versorgung des Hofes und darüber hinaus der Bevölkerung benötigte Obst geerntet. Darunter wurden zuerst Feldfrüchte angebaut (ackerbauliche Unternutzung), später ging man dann zur Nutzung als Grünland über. Hier wurde Futter für die Tiere gewonnen, Heu gemacht oder die Flächen wurden beweidet.
Die Streuobstwiesen stellen wertvolle Lebensräume dar und sind vielen Lebewesen Nahrungs- und Lebensgrundlage. Auf Grund ihrer extensiven Bewirtschaftung bilden sie für viele Tier- und Pflanzenarten einen wichtigen Rückzugsort. Sie werden als „Hot Spots“ der Biodiversität bezeichnet, da schon um die 5.000 Arten auf Streuobstwiesen gefunden wurden. Außerdem bewahren sie alte Landobstsorten, die eine wichtige Genressource darstellen. Und schließlich prägen sie auch das Landschaftsbild nachhaltig mit Blüten im Frühjahr und farbenfrohen, obstbehangenen Ästen im Herbst.
Streuobstwiesen im Naturschutzgesetz
Als Streuobstwiesen gelten flächenhafte Bestände aus hoch- oder mittelstämmigen Obstbäumen, die im Unterwuchs Dauergrünland aufweisen (Biotoptypen-Richtlinie LSA). Sie unterliegen dem gesetzlichen Biotopschutz nach § 22 NatSchG LSA, sofern sie mindestens 20 zusammenhängende Obstbäume aufweisen. Vom Schutz ausgenommen sind intensiv bewirtschaftete Bestände (meist Niederstamm-Kulturen) mit zumindest teilweise permanent offengehaltenem Boden sowie Obstbestände, die zugleich intensiv zum Anbau anderer Gartenkulturen genutzt werden.
Der § 22 NatSchG LSA stellt eine Erweiterung des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) nach § 30, Abs. 2, Satz 2 dar. Laut BNatSchG § 30, Abs. 2 Satz 1 sind alle Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung der Biotope führen können, verboten. Die gesetzlich geschützten Biotope besitzen diesen Schutzstatus mit ihrer Existenz - er wird nicht verordnet. Die betreffenden Wiesen werden in einem Verzeichnis registriert (lt.§30, Absatz 7 BNatSchG). Der Schutzstatus besteht aber auch ohne Registrierung.
Welche Fördermöglichkeiten gibt es für Streuobstwiesen?
Für geschützte Streuobstwiesen können Förderungen beantragt werden. Vom Schutz - und damit auch von der Förderung - ausgenommen sind im Allgemeinen intensiv bewirtschaftete Bestände (meist Niederstammkulturen) mit zumindest teilweise permanent offengehaltenem Boden sowie Obstbestände, die zugleich intensiv zum Anbau anderer Gartenkulturen genutzt werden. Obstbestände mit mehr als 100 Bäumen je Hektar gelten als Dauerkulturen und sind über Förderprogramme mit Naturschutzbezug nicht förderfähig. Befindet sich gesetzlich geschützte Grünlandvegetation im Unterwuchs, darf die Bewirtschaftung der Fläche nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung derselben führen. Bei langjähriger Nutzungsaufgabe können Streuobstwiesen u. U. unter die Walddefinition nach Landeswaldgesetz (WaldG LSA) fallen, insbesondere wenn eine Mindestgröße von 0,2 Hektar erreicht wird und die betreffende Fläche überwiegend mit Waldbäumen bestockt ist. In diesem Falle kann bei der Unteren Forstbehörde ein Antrag auf Waldumwandlung gestellt werden. Ersatzaufforstungen sind bei Waldumwandlungen zum Zwecke des Natur-, Arten- und Lebensraumschutzes nach WaldG LSA nicht vorzusehen.
Neuanlage von Streuobstwiesen
Für die Neuanlage von Streuobstwiesen existiert derzeit kein eigenes Förderprogramm. Eine Förderung wäre je nach Zielstellung generell über eine öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Stiftung möglich. Weitere Finanzierungsmöglichkeiten ergeben sich aus den Instrumenten der Eingriffsregelung (s. unten).
Instandsetzung und Wiederherstellung
1. GAK-Förderung „Nichtproduktiver investiver Naturschutz“
Eine Instandsetzung und Wiederherstellung verbuschter oder verbrachter Streuobstwiesen ist zu 100 % über die GAK-Richtlinien „Nicht-produktiver investiver Naturschutz“ förderfähig (bei Gemeinden und Gemeindeverbänden zu 90 %), Ebenso ist die Ersatzpflanzung von Obstbäumen sowie die Bereitstellung spezieller technischer Ausrüstung für die Beweidung von Streuobstwiesen förderfähig.
Die Höhe der Finanzierung kann je Vorhaben zwischen 2.500 und 250.000 Euro liegen. Eine Kombination mit der MSL-/FNL-Förderung, Waldumwelt-und Klimadienstleistungen sowie mit Natura-2000-Ausgleich ist möglich, sofern es sich nicht um deckungsgleiche Bewirtschaftungsvorgaben handelt. Antragsberechtigt sind landwirtschaftliche Unternehmen, andere (private) Landbewirtschafter, Gemeinden und Gemeindeverbände sowie gemeinnützige juristische Personen (Vereine, Verbände, Stiftungen).
Die geplanten Vorhaben müssen in der Agrarlandschaft Sachsen-Anhalts liegen und werden unter besonderer Berücksichtigung von Schutzgebieten sowie naturschutzfachlich wertgebenden Arten und Lebensräumen bewertet. Anträge können fortlaufend bei der Bewilligungsbehörde (Landesverwaltungsamt Halle) eingereicht werden.
Infoblatt GAK "Nichtproduktiver Investiver Naturschutz"
2. Artensofortprogramm (Landesprogramm)
Eine Wiederherstellung bzw. Instandsetzung von Streuobstwiesen ist außerdem über das Artensofortprogramm zu 100 % förderfähig, sofern die Maßnahmen auf die Erhaltung bzw. auf die Förderung naturschutzfachlich wertgebender Arten abzielen. Im Fokus des Programms steht die Umsetzung kurzfristiger Maßnahmen mit geringem Fördervolumen. Eine Förderhöchstgrenze liegt jedoch bisher nicht vor. Antragsteller können Vereine und Verbände sowie Körperschaften des öffentlichen Rechts (z. B. Unterhaltungsverbände, Landesforstbetrieb) sein. Anträge können beim Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt (MWU) eingereicht werden.
Agrarstrukturförderprogramm: Investitionshilfen für Technik
Wird der Einsatz von Technik bei der Wiederherstellung bzw. Instandsetzung von Streuobstwiesen in größerem Umfang gebraucht, können Zuschüsse für notwendige Investitionen über das Agrarstrukturförderprogramm (AFP) beantragt werden. Die Förderung entspricht einer Anteilfinanzierung in Höhe von 20 bis 40 %. Anträge können bis zum 12. September des jeweiligen Jahres beim regional zuständigen Amt für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten (ALFF) gestellt werden.
Weitere Informationen: elektronische Antragstellung in Sachsen-Anhalt ELAISA - Formulare und Informationen
Vermarktung von Streuobstprodukten
Über die „Richtlinie Marktstrukturverbesserung“ können notwendige Investitionen für die Vermarktung von Streuobstprodukten anteilig zu 25 bis 40 % gefördert werden. Antragsberechtigt sind Unternehmen der Verarbeitung und Vermarktung, deren Tätigkeit sich nicht gleichzeitig auf die Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte bezieht, sowie anerkannte Erzeugerzusammenschlüsse in Form von Erzeugerorganisationen und deren Vereinigungen. Bewilligungsbehörde ist das Landesverwaltungsamt in Halle.
Umweltbildung: Streuobstpädagogik
Förderprogramm Bildung Nachhaltige Entwicklung (BNE)
Umweltbildungsangebote bzw. -projekte sind grundsätzlich über die „Richtlinien Nachhaltigkeitsbildung“ förderfähig. Die Zuwendung wird in der Regel zu 85 % der förderfähigen Ausgaben gewährt, in Einzelfällen bei einem Projekt mit Modellcharakter sowie bei besonderem Landesinteresse ist eine 90- bzw. 100-prozentige Förderung möglich. Antragsberechtigt sind Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie gemeinnützige Vereine und Verbände. Anträge müssen bis zum 30. September des jeweiligen Jahres bei der Bewilligungsbehörde (Landesverwaltungsamt Halle) eingereicht werden.
Weitere Informationen zur Förderung von Projekten zur Bildung für nachhaltige Entwicklung
Alle Maßnahmen- und Vorhabensansätze
Eine Förderung ist je nach Zielstellung über eine öffentlich-rechtliche oder privat-rechtliche Stiftung denkbar. Stiftungen fördern in der Regel ausschließlich Antragsteller, die gemeinnützige Zwecke verfolgen. Zudem sind die Fördersummen bei Stiftungen begrenzt. Eine Möglichkeit bietet sich bei der Stiftung Umwelt, Natur und Klimaschutz des Landes Sachsen-Anhalt (SUNK). Es können Projekte bis 10.000 € gefördert werden, wobei ein Eigenanteil von 10 % erbracht werden muss (unbare Eigenleistungen sind möglich).
Für die beschriebenen Maßnahmeansätze bestehen darüber hinaus Finanzierungsmöglichkeiten über die Instrumente der Eingriffsregelung:
- direkte Umsetzung über Kompensationsmaßnahmen nach § 14 BNatSchG
- vorgezogene Biotopaufwertungs- und Pflegemaßnahmen über die Einrichtung eines naturschutzrechtlichen Ökokontos (§ 16 BNatSchG, § 9 NatSchG LSA, ÖkoKV ST)
- vorgezogene Biotopaufwertungs- und Pflegemaßnahmen über die Einrichtung eines bauplanungsrechtlichen Ökokontos (nach § 135a Abs. 2 Satz 2 BauGB)
Weitere Informationen hierzu siehe Infoblatt Kompensationsmaßnahmen
Literatur zu Streuobstwiesen
Schuboth, J. & B. Krummhaar (Bearb.) (2019): Untersuchungen zu den Arten der Streuobstwiesen in Sachsen-Anhalt. – Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (Halle), Heft 2 (2019): 408 S.